Samstag, 27. Januar 2007

Rezensionen

Wollte nur auf zwei Rezensionen hinweisen, die ich vor kurzer Zeit verfasst habe und die auch auf der Filmzentrale erschienen sind. Das wären einmal ein Text zu Kitanos "Hana Bi", sowie eine Rezension über den amerikanischen Gangsterfilmklassiker "Little Caesar".
http://www.filmzentrale.com/rezis/kleinecaesarcs.htm
http://www.filmzentrale.com/rezis/hanabics.htm

Meiner Meinung nach gehört die Filmzentrale zu einer der besten Filmplattformen im Internet, mit vielen interessanten, informativen, kritischen und kontroversen Beiträgen und Essays über den zeitgenössischen und klassischen Film. Wie gesagt, sehr empfehlenswert.

cms

Mittwoch, 10. Januar 2007

SAVING PRIVATE RYAN

Auf http://cms85.twoday.net habe ich eine Rezension zu Spielbergs "Saving Private Ryan" gepostet, die ich geschrieben habe - ein kleines Gedankenspiel übder den Film und warum er gefährlich ist.

Nachtrag: Habe heute eine kleine Randnotiz hinzugefügt, die das Gedankenspiel der Rezension fortführt. Darin beschäftige ich mich unter anderem mit der Frage, warum Spielberg einen Film über den D-Day, und nicht den Hürtgenwald macht.
Bitte zuerst die Rezension lesen!

cms

KOREAN NEW WAVE

In Korea werden die interessantesten Filme Asiens gedreht. Mein Blogeintrag behandelt ein koreanisches Regietalent - ein Ausnahmetalent: Park Chan-wook. Diesmal zu finden auf http://cms85.twoday.net

Sonntag, 7. Januar 2007

Filmtipp der Woche

Da wir den von den Kritikern gefeierten Film "Prestige" noch nicht gesehen haben, ist unser Filmtipp der Woche: "Babel"

Ein Film, betitelt nach der Geschichte des Turmbaus zu Babel (wer mehr über die Geschichte erfahren möchte klicke bitte hier) , der ziemlich unter die Haut geht. Eine Bildgewalt bricht über den Zuschauer her und fesselt diesen voll Emotionen.

Ein Film, dessen Thema Liebe, Hoffnung und Barmherzigkeit ist. Prädikat: unbedingt sehenswert!

Mittwoch, 3. Januar 2007

Favourite Directors

"BEAT" TAKESHI KITANO

kitano

Es gibt kaum einen anderen Regisseur, mit dem ich diese Blogreihe lieber beginnen würde, als den japanischen Alleskünstler Takeshi Kitano. Es gibt kaum eine Kunstform an der er sich nicht versucht hätte – ob Malen, Poesie, Comedy, Schauspiel. Überall ist er erfolgreich und wird gefeiert. In Japan ist er eine Medienfigur, die man hierzulande höchstens in Thomas Gottschalk finden würde. Einzig die Kunstform, die er vermeintlich am Besten beherrscht, hat ihm (zumindest in seiner Heimat) den wenigsten Respekt gebracht – die Regie. In Europa wird er für seine Filme gefeiert (wenn auch fast ausschließlich von Kritikern), in den USA zumindest als guter Filmemacher anerkannt. Seine Filme selbst sehen dabei nicht viele Menschen; Zatoichi war sein bisher einziger wirklicher Erfolg.
Das mag an der Eigenwilligkeit seiner Filme liegen. Einer Eigenwilligkeit, einer Kunstfertigkeit, der man sich nur schwer entziehen kann. Seine Filme gehen nicht spurlos an einem vorrüber. Sie berühren, verstören, verwirren. Es sind die Geschichten, die er so unnachahmlich erzählen kann. Geschichten, meist von Yakuzas, über Ehre, Verlust, Tod, Liebe, Rache. Es sind Geschichten aus einem fremden Kulturkreis, mit fremden Sitten und einem eigentümlichen Humor, den man als Westeuropäer kaum verstehen wird.
Aber es ist vor allem die Art, wie diese Geschichten erzählt werden – mit einer Ästhetik, einem Sinn für das Menschliche und Unmenschliche in jedem von uns, die uns nur in Staunen versetzen kann. Die Machart erinnert dabei oft an Sergio Leone (meinem nächsten Favourite Director) – lange Passagen voll Stille und Schönheit, voll Anmut und Erhabenheit sind dabei durchzogen von Gewaltausbrüchen, sinnlosen Akten, oft lächerlich wirkenden Banalitäten – sie sind durchzogen vom Leben in all seinen Facetten. Die Protagonisten erscheinen dabei oft als gequälte Individuen, die von ihren inneren Dämonen getrieben werden. Geheimnisse bergen sie viele, sprechen tun sie wenig. Sie sind ein Enigma wie Takeshi Kitano selbst. Der provokante Komödiant, der vielleicht selbst einst Yakuza war, eine schwere Kindheit hatte und nur knapp einen Motorradunfall überlebte – einen vermeintlichen Selbstmordversuch.
Diese Zerissenheit bringt er bei jeder seiner Rollen auf die Leinwand. Dieses oft ungerührte Gesicht – die rechte Gesichtshälfte ist seit dem Motorradunfall gelähmt, manchmal durchfährt es ein fast beiläufiges Zucken, das von einem Nervenschaden herrührt – unterstreicht dabei die Tiefgründigkeit, die Verlorenheit seiner Charaktere.
Alles in allem ist er einer der besten Regisseure und Schauspieler der Neuzeit, ein großer Künstler, ein (leider noch immer zu wenig beachtetes) Genie.

kikujiro

Meine Top Five seiner Filme:
1. Hana Bi – Der Polizist Nishi (Takeshi Kitano) ist ein Polizist dessen Tochter ermordet wurde und der davor ist seine kranke Frau zu verlieren. Sein Kollege stirbt bei einem Hinterhalt, sein Partner landet im Rollstuhl. Nishi, der sich Geld von Yakuzas borgt, um für seine kranke Frau zu sorgen, ist innerlich ein gebrochener Mann, und begeht einen Bankraub, um seine Schulden zu begleichen. Zusammen mit seiner Frau macht er sich auf eine Reise, nach der nichts mehr so sein wird, wie es mal war... eine letzte Reise.
Für mich der beste Film der Neunziger Jahre überhaupt. Ein Drahtseilakt zwischen Poesie und Gewalt, Gefühlslosigkeit und Liebe, Schönheit und Krankheit, Leben und Tod. Ein Film, der einen nicht mehr loslässt, der verstört und berührt. Ein Meisterwerk.

2. Kikujiros Sommer – Der kleine Masao macht sich auf die Suche nach seiner Mutter in diesem Roadmovie der besonderen Art. Dabei wird er nur begleitet von seinem brummigen (und etwas dümmlichen) Onkel (Kitano), einem Ex-Yakuza, der, anstatt ihn zu seiner Mutter zu bringen, viel lieber Glückspiel treibt und die Hotelzeche prellt – bald haben die beiden eine ganze Menge Ärger am Hals...
Kitanos untypischster Film. Es gibt kaum Gewalt, es passiert sehr wenig und doch wird es einem nie langweilig. Man ist auf einmal selbst Kind. Man lacht, man weint, man ist beschwingt. Ein Film, bei dem ich mir jedesmal wünsche, dass er nie enden würde. Einer meiner Lieblingsfilme.

3. Sonatine – Der erfolgreiche, aber müde und überdrüssige Yakuza Murakawa (Kitano), wird beauftragt in einer Küstenstadt einen Streit zwischen zwei rivalisierenden Banden zu schlichten. Bald stellt sich der Auftrag jedoch als Falle heraus. Murakawa und seine Männern verstecken sich in einem Haus am Strand, bis er schließlich eine Entscheidung fasst...
Ein Film mit Janusgeschicht – ein Gangsterfilm in der brutalen Welt der Yakuza und ein Film, der eine trügerische Idylle vorführt – Yakuza beim Frisbeespielen und Albern am Strand zeigt. Ein ganz und gar ungewöhnlicher Gangsterfilm/Thriller. Brilliant.

4. Dolls – Ein Film über die Liebe in drei Akten, die allesamt von einem traditionellen japanischen Puppenspiel eingeleitet werden. Natürlicht sind dabei nicht die Puppenfiguren die „Dolls“, sondern vielmehr die Protagonisten der jeweiligen Erzählstränge, die allesamt auf unterschiedliche und doch gleiche Art der Macht der Liebe unterworfen sind. Ein Film voll Schönheit und Melancholie. Ein Film über Vergänglichkeit und die stärkste Macht der Welt. Wunderbar.

5. Zatoichi – Kitanos bislang erfolgreichster, wenngleich nicht überall angesehener Film – zu unrecht, wie ich finde. Es ist seine Adaption der erfolgreichen japanischen Samuarai-Fernsehserie gleichen Namens. Kitano spielt darin den blinden Samurai Zatoichi, der in ein Dorf kommt, das von zwei rivalisierenden Banden beherrscht wird. Er gibt sich als Masseur aus und verdient sich sein Geld mit Glückspiel, als plötzlich zwei Geishas in die Stadt kommen und an den Männern Rache nehmen wollen, die ihre Eltern umgebracht haben.
Ein Film voll überzeichneter Gewalt – darin Kill Bill (der seinerseits ein Tribut an die japanischen Fernsehserien und Samuraifilme ist) nicht unähnlich, aber mit mehr Humor und Tiefgang. Ein verkannter Geniestreich.

Ebenfalls zu empfehlen:
- Brother (Gangsterdrama. Ein Yakuza versucht in Amerika Fuß zu fassen. Kitanos wenig beachteter Auslandsversuch)
- A scene at the sea (Drama. Über einen tauben Mann, der eines Tages am Strand ein Surfbrett findet und fortan dem Meer verfallen ist)
- Kids return (Coming-of-Age Drama. Zwei Schulschwänzer werden erwachsen. Der eine wird erfolgreicher Boxer, der andere wählt den Weg eines Yakuza)

takeshikitano

cms - Mittwoch, 03. Januar 2007

Neuer Themenschwerpunkt!!!

Lieber Leserinnen und Leser (sofern welche vorhanden sind, wenn nicht, naja, dann is a wuarscht...),
neues Jahr, neuer Themenschwerpunkt, denn wir haben beschlossen uns von nun an doch vermehrt den wirklich wichtigen Dingen des Lebens zu widmen... richtig, Filmen. Wir werden über unsere Lieblingsfilme schreiben, über unsere Lieblingsregiesseure, verkannte Meister und überschätzte Stümper, Klassiker und junge Talente und was sonst noch so die Filmwelt bewegt. In diesem Sinne: Gutes Neues und viel Spass! (Vielleicht findet ihr ja sogar neue Lieblingsfilme!?)....
Eure Innocent-Bystanders.

Freitag, 28. Juli 2006

It`s been a long time - Von Katerstimmung und tanzenden Bären

Ja, lang, lang ist’s her, dass etwas auf dieser Seite verfasst wurde. Uni- bzw. Abistress war’s gedankt. Tja, und was ist seitdem passiert? So einiges. Was es im Einzelnen genau war – wer weiß das schon so genau? Es sind nur kleine Erinnerungsfetzen die hängen bleiben. Schließlich kann man froh sein, wenn man früh morgens aufstehen darf, um festzustellen, dass sich die Menschen doch noch nicht selbst in die Luft gesprengt haben. Nur etwas kühler könnte es sein. Ein Blick in die Morgenzeitung und der Tag kann beginnen in diesen wahrlich merkwürdigen Zeiten…

Der WM-Kater ist mittlerweile abgeklungen. The big comedown. Klinsi sitzt mittlerweile daheim in Kalifornien. Da ist es jetzt sogar noch heißer als Hierzulande. Vielleicht spendet ihm ja wenigstens das Bundesverdienstkreuz ein wenig Abkühlung und Linderung – gegen den Kater. Während der WM, vor der Zeit des Katers, sorgte ein Bär für Schlagzeiten. Beppo der Erste, oder wie wurde er noch mal genannt? Der vermutlich berühmteste Illegale, den wir je im Bayernlande hatten. Da staunten sogar die Hassprediger aus Neu-Ulm. Und der Stoi-bär wusste sich gar nicht mehr zu helfen vor lauter „Ehhs“. Sogar Bärenfänger aus Finnland waren ratlos. Dann haben ihm Jäger auf einmal den Gar ausgemacht. „Ihr Schweine, ihr habt Beppo getötet!“, hörte man es aus allen Ecken rufen. Jetzt steht sogar ein Denkmal für ihn im Bayrischen Wald. Tja, ausgerechnet ein Bär war während der WM der beliebteste Italiener. Die wurden bekanntlich in alter abgebrühter Manier Weltmeister. Da half es auch nichts, dass Zidane bei seinem letzten Spiel mit dem Kopf durch die Wand wollte. Dann kamen sie als Weltmeister heim und standen vor einem Skandal. Zwangsabstiege, die meisten Weltmeister gingen nach Spanien, andere bleiben, weil ja auf einmal doch nicht mehr abgestiegen. Aber so sind sie halt, die Italiener. Bruno wollen sie auch wieder haben. Wollten sich in der Angelegenheit sogar dahin wenden, wo der Fall hingehört: an den Europäischen Gerichtshof.

Tja, „die haben Probleme“, müssen sich Leute im Nahen Osten denken. Dort bewegt sich die Welt ein wenig anders als andernorts. Das war schon immer so. Die Wiege des Lebens als Wiege des Todes. Es hagelt Bomben. Sogar vor Blauhelmen wird nicht mehr Halt gemacht. Erst heute wandten die USA jedoch vor den Vereinten Nationen eine Bestrafung Israels für die schändliche Tat ab. Die Chinesen sind betrübt. Deutschland vermittelt. Dass die israelischen Panzerkanonen, die Zielgeräte der Kampfbomber und auf der Gegenseite die Sturmgewehre und Panzerabwehrraketen der Hisbollah aus unserem Land geliefert werden, davon spricht freilich niemand gerne. Naja, wenigstens sind wir Exportweltmeister, mag man sich denken.

Aber so einfach kann es nicht sein. Das darf es nicht. Aber was tun, wenn die Welt aus den Fugen gerät und hier wegen der Hitze sogar Flüsse versiegen?
Vielleicht muss man es so machen wie die Amerikaner. Die kleben sich ja mittlerweile Pflaster auf die Hoden. Warum nicht? Wenn’s hilft…

cms

Dienstag, 18. April 2006

Hobby-Journalisten auf dem Weg die Weltherrschaft an sich zu reißen

In letzter Zeit sind Filme, ja sogenannte visuelle Meisterwerke einer gewissen Art von Kunst, sich darüber im Klaren, dass sie mehr als nur Unterhaltung sind. Michael Moores „Fahrenheit 9/11“ propagiert mehr oder weniger über die Machenschaften des amerikanischen Juniorchefs im Falle des
11. Septembers, „Syriana“ zeigt gewisse Machenschaften von A wie Arabern über R wie Regierung der Vereinigten Staaten und George Clooneys schwarz-weißes Drama über die Kommunistenjagd in den 50er Jahren geben uns den Denkanstoß, ja propagieren schon fast über das Gute oder das Böse in der Welt.

Doch wieviel Wahrheit steckt in diesen Filmen? Was für eine Meisterleistung wird geboten um Überzeugungsarbeit zu leisten? Besonders in „Mr. Sexiest Man Alive“-Streifen „Good night, and good luck“, zumindest in den letzten 15 Minuten des Films, wird deutlich welchen Druck Firmen bzw. deren Geld auf Journalisten und deren Vorgesetzten ausüben.

Sogenannte Weblogs, kurz Blogs oder einfach nur Internet-Tagebücher genannt, sind meines Erachtens die wahren Nachrichten-Seiten der heutigen Zeit. Ich kenne keinen Blogger, den sog. Betreiber bzw. Verfasser eines Blogs, der sich ohne jegliche Recherche oder Nachweise etwas aus dem Ärmel zieht und über jemanden oder etwas berichtet. Ausnahmen sind Tagebücher, die explizite Meinungen der Verfasser selbst beinhalten. Möglicherweise kenne ich zu wenige Blogger um hier mit sprechen zu können, doch dies ist ein freies Land und dieser Text vertritt ja auch nur die Meinung des Verfassers.

Harald Schmidt nannte es ein „Journalistengewichse“, ich nenne es eine neue Form des Informationszeitalters. Seien es Informationen über Medium Fernsehen, die neuesten Austritte oder Eintritte neuer Schauspieler in die Soap XY, der Quotencheck der letzten Tage, eine spielerische Aufdeckung der Machenschaften bei einem Klingeltonanbieter oder nur sinnlose, wüste Beschimpfungen über Kritiker.

Dienstag, 11. April 2006

(Medien-)Wahnsinn Weltmeisterschaft

War das nicht ein kurioses Wochenende? Während im Osten die Elbe aus ihrem Flussbett stieg und im fernen Westen ein Kriegsfürst mit Kriegsministern (vielleicht) einen Kriegsplan gegen einen anderen Kriegsfürsten ausheckte, bestimmte hierzulande eine andere Meldung das Tagesgeschehen, tut es heute noch und wird es wohl noch geschlagene sechzig bis achzig Tage tun. Jürgen Klinsmann, Teamchef unserer hoffnungstragenden (?) Rasselbande, hat die Figur des gegenwärtigen deutschen Fußballs gestürzt: Oliver Kahn war nicht länger die Nummer Eins im deutschen Tor. Wie eine Bombe schlug die Meldung Freitagnachmittag ins Herz unserer Fussballrepublik. Selbst an Leuten, die sonst nichts mit Fußball zu tun haben wollen, ging sie nicht spurlos vorrüber. Auf den Titelseiten der Boulevardzeitungen überschlugen sich die Ks, selbst in der Tagesschau rückte die Meldung in den Mittelpunkt und wurde noch vor der Flutkatastrophe ausgestrahlt. Aber so ist sie, die Medienwelt `06. So weit hat uns unsere Fußballweltmeisterschaft gebracht.
Man möchte sie nicht mehr sehen, die unendlich langweiligen WM-Shows im öffentlich-rechtlichen, die unendlich dummen WM-Specials im privaten Fernsehen. Wenn Michael Ballack in dieser Sekunde Dünnpfiff bekommt, wird es spätestens zwei Stunden später die gesamte Bundesrepublik wissen – Medizinprofessoren werden dann interviewt werden und dazu Stellung abgeben - „Wird er rechtzeitig fit für Costa Rica?“, „Besteht die Möglichkeit mit Pampers aufzulaufen?“ – zu Jürgen Klinsmann wird eine Sonderliveschaltung gemacht werden. Tja, die Nachrichtenagenturen und Fernsehsender scheuen keine Mühen und Kosten – schließlich wohnt der ja in Kalifornien. Paradox, dass ausgerechnet ein Fussballtrainer unsere strahlenste Figur im Schwarzenegger-Staat geworden ist. Seine jetzt vermehrten Auftritte in Deutschland werden geradezu insziniert. Wie ein Hollywoodstar wird er verfolgt, jede Regung beobachtet, interpretiert. Noch nie hat ein einziges Ereignis soviel Medienaufmerksamkeit erhalten wie diese Fussballweltmeisterschaft.
Selbst unser Franz, unsere Lichtgestalt, unser Kaiser, unser WM-Botschafter, unser Vorzeige-Deutscher, ist um die Haare ganz weiß geworden - wahrscheinlich ausgebleicht durch das Blitzlichtgewitter, dem er ständig ausgesetzt ist. Selbst Stiftung Warentest, die sich sonst nur um elektrische Zahnbürsten, Staubsauger und Kosmetikprodukte scheren, fühlen sich auf einmal dazu berufen, die WM-Stadien, diese Superarenen, für WM-untauglich zu erklären. Konzerne, Firmen, Filialen, Dönerbuden – alles und jeder verwendet das anstehende Jahrhundertereignis als Werbemittel, bis selbst ein Ottonormalverbraucher ohne eigenes Verschulden zum Fussballmaskottchen geworden ist.
Und so wird dieses freudige Ereignis schon vor seinem Beginn, wenn die ganze Welt nach Deutschland blicken wird, so ausgelutscht sein, dass man gar keine Lust mehr darauf hat.
Aber wohin soll man sich zurückziehen? Schließlich kann man sich ja nicht monatelang einigeln und jegliches Sozialleben verweigern. So muss man wohl dem Schicksal ins Auge sehen und den ganzen Rummel schweigend und geduldig über sich ergehen lassen. Spätestens nach dem Achtelfinale, wenn entweder die Schweden oder die Engländer unserer Krabbelgruppe die Grenzen aufgezeigt haben werden, wird in diesem Land vermutlich langsam der Ausnahmezustand vorrüber gehen und Deutschland wird auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden.
Nur einer wird dann noch abheben. Im Flieger. One-way Ticket Richtung Kalifornien.

cms

Montag, 10. April 2006

"Olli, you`re dismissed" - der unrühmliche Abgang eines Helden

Man kann von Oliver Kahn halten was man will: einen derartig unrühmlichen, gemeinen, hinterrücksen Abgang als Nummer Eins unserer Nationalmannschaft hat er nicht verdient. Was hat er nicht alles für den Deutschen Fussball getan? Das Championsleaugefinale 2001 hat er im Elfmeterschießen praktisch alleine gewonnen und damit den bisher letzten internationalen Fussballtitel nach Deutschland geholt. Die WM 2002 wäre ohne ihn zur Katastrophe geworden. Im Alleingang hat er die Mannschaft durch seine Glanztaten ins Finale geführt – dass er sich hier ausgerechnet zwei Aussetzer erlaubte, war Ironie des Schicksals.
Im Ausland ist er seither die Galionsfigur des Deutschen Fussballs, ein unantastbarer Held, den man verehrt und fürchtet. Hierzulande genießt er zwar weitenteils ein ähnliches Ansehen, doch dieses ist freilich nicht ganz makellos – was er sich durch seine häufigen Ausraster oder privaten Eskapaden auch selbst zuzuschreiben hat. Dennoch, so scheint mir, hat man die Naturgewalt Kahn nie ganz verstanden. Dieser Ehrgeiz, dieser unglaublichen Siegeswillen, dieses Selbstvertrauen, Tugenden, die in Deutschland nur noch wenige besitzen, hat auf einige wohl befremdlich gewirkt. Dadurch hat man ihn teils größer gemacht als er war, hat das immer nur das Beste, Übermenschliches verlangt. Titan hat man ihn genannt, King Kahn. Umso härter hagelte es folglich Kritik, wenn er mal nicht in Topform war. Und umso größer war der Aufschrei, als Jürgen Klinsmann bei seinem Amtsantritt als Teamchef der Nationalmannschaft im Sommer 2004, erklärte, dass Kahn nicht mehr die uneingeschränkte Nummer Eins sei. Nur noch eine Eins A, Lehmann die Eins B.
Seither hat Klinsmann systematisch die Demontage Kahns betrieben. Es war eine Schmierenkomödie sondergleichen, ein unehrliches gemeines Spiel. Bezeichnend entließ er zunächst den Torwarttrainer Sepp Maier, die bayrische Frohnatur, die sich um unseren Fussball ungleich mehr verdient gemacht hat, als dieser schwäbische Bäckerlehrling.
Unabhängig davon war der Zweikampf ums Tor nie wirklich ausgeglichen. Kahn stand immer mehr unter Druck als Lehmann. Schließlich steht Oliver Kahn hierzulande Woche für Woche im Rampenlicht, während Jens Lehmann für uns nur eine Randerscheinung ist, die irgendwo in England das Tor hütet. Außerdem ist das Leben als Herausforderer ungleich leichter – man selbst hat schließlich nichts zu verlieren.
Klinsmanns Entscheidung mag für einige überraschend gekommen sein, für mich stand sie bereits fest, als er im Sommer 2004 den Wettstreit ums deutsche Tor eingeleitet hat. Ich hätte nie gedacht, dass ich Lothar Matthäus einmal zustimmen würde, aber mit seiner Aussage, dass sei von Anfang an „Klüngelwirtschaft“ gewesen, hat er genau den Kern der Sache getroffen. Bierhoff, Löw, Köpke waren Klinsmanns Handlanger in diesem schmutzigen Spiel, die immer wieder öffentlich Lehmanns Vorzüge betont haben. Bezeichnend die gute Bierhoffkritik nach den Spielen gegen Juventus Turin – aber mal ganz ehrlich – wäre ich an den beiden Abenden im Tor gestanden, ich hätte auch zu null gespielt. Die beiden Kahnpatzer im Spiel gegen Köln kamen Klinsmann gerade recht, auch wenn er seine Entscheidung erst im Mai bekannt geben wollte – schließlich könnte sich ja Lehmann bis dahin verletzen.
Der Zeitpunkt der Bekanntgabe war ebenso unglücklich wie die Entscheidung selbst: ausgerechnet einen Tag vor dem Spitzenspiel gegen Werder Bremen. Dass die Bayern hier unglücklich verloren haben (schließlich war es eines ihrer besten Saisonspiele), war allerdings nicht Kahns Schuld, der hervorragend hielt und einmal mehr seine Größe als Sportsmann demonstriert hat.
Die Frage, die sich nun für Kahn stellt ist freilich die, ob er als Nummer Zwei mit zur WM fährt oder nicht. Sollte er sich für ersteres entscheiden, könnte er Klinsmann eher eins auswischen, als wenn er zuhause bliebe. Schließlich war für Klinsmann die Figur Kahn immer zu groß, zu zentral, weshalb er ihn schon von Anfang an schwächte und ihm zunächst die Kapitänsbinde abnahm. Auch die Art, mit der Klinsmann seine Entscheidung, etwas unklar und verlegen, erklärte, passt genau ins Bild. Wenn Jens Lehmann es „aufgrund seiner Leistungen der letzten zwei Jahre absolut verdient im Tor der Nationalmannschaft zu stehen“, dann frage ich mich, warum Kahn dies nicht tut. Diese Frage hat Herr Klinsmann noch nicht beantwortet.
Insgesamt hat mich die Pressekonferenz am Freitag ohnehin an die MTV-Show „Dismissed“ erinnert, in der zwei Männer oder Frauen um die Gunst einer Frau/eines Mannes kämpfen und letzten Endes ein Date mit dieser/diesem gewinnen. Am Schluss hat der/die Umworbene seine/ihre Entscheidung zu begründen, wobei diese natürlich durch eigene Sympathien begünstigt wird. Ähnlich lief es auch am Freitag. Eigentlich hätte es gereicht, wenn Klinsmann gesagt hätte: „You`re dismissed“.
Aber egal, wie sich Kahn auch im Hinblick auf seine zukünftige Nationalmannschaftkarriere entscheiden wird – eines ist klar: Der König ist nicht tot.
Lang lebe der König!

Nachtrag:
Nun ist es raus! Kahn fährt das erste Mal seit Köpkes Rücktritt (wieder) als Nr. 2 zu einer WM (die zufällig im eigenen Land stattfindet). Überraschend hierbei ist mit welcher Fassung King Kahn über seine Degradierung spricht. "Wir können Weltmeister werden" sagt er optimistisch und das ist auch gut so.
Hoch lebe der König. Jetzt erst recht.

cms

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